Didge(R)Evolution / Directed Evolution


Frank Geipel, September 2008

 

Zahlreiche Didge-Spieler aus aller Welt möchten wissen, ob es möglich ist, ein Instrument nach ihren individuellen Wunschvorstellungen zu schaffen. Mit unseren Computer-Aided-Dideridoo-Sound-Design-Tools (CADSD) ist das seit einigen Jahren möglich, erforderte aber viel Erfahrung und lange Simulations-Zeiten, da viele Didge-Innenformen von Hand eingestellt und variiert werden mussten, um das gewünschte Klangspektrum zu erreichen.

 

Es war bisher nicht möglich, ein Ziel-Spektrum vorab einzustellen und automatisch Vorschläge für entsprechende Innenformen zu berechnen.

Um dies zu erreichen, startete ich Anfang 2008 das Projekt „Didge(R)Evolution“ - die Anwendung und Weiterentwicklung von der Natur nachempfundenen Evolutionsalgorithmen zur Generierung der gewünschten Formen aus einer praktisch unüberschaubaren, unendlichen großen Vielfalt möglicher Formen.

Das aktuelle Projekt-Highlight ist ein Simulationssystem, das auf Basis eines weiterentwickelten high Performance Simulations-Modells mittels neu entwickelter Didgeridoo-spezifischer Directed-Evolution-Methoden beliebige Wunschinstrumente generieren kann. Es funktioniert wie ein „lebendes“ Evolutions-System, in dem man Instrumente mit vielen spezifischen Ziel-Parametern quasi „züchten“ kann. Die entstehenden Innenformen sehen oft den Querschnittsverläufen guter termitenausgefressener Instrumente ähnlich, mit dem Unterschied, dass die Methode fähig ist, auch Formen zu generieren, die in der Natur wahrscheinlich nicht vorkommen.

 

 

Vereinfachte Beschreibung der CADSD basierten Didge(R)Evolution Software

Da die wenigsten Didgeridoo-Bau-Interessierten sich mit mathematischer Modellierung, Programmierung und physikalischen Theorien auskennen, hier eine vereinfachte Beschreibung der Arbeitsweise der Didge(R)Evolution Software:

Bevor das Programm seine Arbeit aufnehmen kann, muss ein möglichst genaues Ziel-Klang- und Impedanz-Spektrum definiert werden. Das können momentan bis zu 20 verschiedene Eigenschaften sein.

Stellt Euch dann vor, wir erschaffen (programmieren) virtuelle Termitenvölker, deren Einzeltermiten individuelle Fähigkeiten besitzen, Didgeridoos mit speziellen Eigenschaften zu formen. Im nächsten Schritt wird die Größe und Anzahl dieser virtuellen Termitenvölkern festgelegt - in unserem animierten Bespiel ist es lediglich 1 Volk mit 512 Termiten.

Innerhalb der räumlichen Begrenzung des virtuellen Rohlings nimmt beim Start des Programms jede einzelne Termite ihre Arbeit auf und frisst (erstmal völlig zufallsgesteuert) ihr eigenes Didgeridoo aus. Nach einigen Sekunden sind die ersten 512 Instrumente fertig.

Nun wird jedes einzelne Instrument daraufhin überprüft, wie gut es die vorgegebenen Ziel-Eigenschaften erfüllt. Die Termiten, die am erfolgreichsten waren, dürfen sich vermehren und ihre Erbinformationen an eine neue Termitengeneration weitergeben. Die anderen sterben aus. Zusätzlich werden, ähnlich wie in der Natur, zufällige Mutationen erzeugt, die die individuellen Eigenschaften von einzelnen Termiten ändern. Damit ist die erste Generation beendet.

In der zweiten Generation fressen die Sprösslinge zusammen mit ihren relativ erfolgreichen Eltern und den mutierten Geschwistern erneut 512 Didgeridoo-Rohlinge aus – wieder zufallsgesteuert aber mit verbesserten Eigenschaften die Zielvorgaben zu erreichen. Danach werden wieder sämtliche Instrumente überprüft. Die erfolgreichen Termiten des Volkes dürfen sich wiederum vermehren, während der Rest ausstirbt.

Dieser evolutionäre Kreislauf setzt sich so lange fort, bis ein virtuelles Didgeridoo erzeugt wurde, das alle vorgegebenen Ziele bestmöglich erfüllt und es keinen evolutionären Fortschritt mehr gibt – im Beispiel sichtbar als rote Linie. In der Regel ist das nach 150 bis 400 Generationen der Fall.

Um hervorragende und spezielle Instrumente zu erzeugen, ist trotz dieser modernen Evolutions-Methode das Know-How des „Didgeridoo-Züchters“ (der die Ziele vorgibt) besonders wichtig. Von entscheidender Bedeutung sind umfangreiche Erkenntnisse über die Wechselwirkungen verschiedenster Resonanzmuster mit verschiedenen Spieltechniken auf die Auswirkung von Didgeridoo-Klangspektren, aber auch weitgehende Bau- und Spielerfahrungen. Die Ergebnisse hängen von der Qualität der Zielvorgaben ab.

 

 

Video einer CADSD Didge-Evolution

Zur Demonstration der Vorgehensweise zeigen wir das folgende Beispiel für eine „Didge-Evolution“ mit anschließender Untersuchung im „Didge-Creator“. Da die Instrumenten-Evolution sehr viel Prozessorzeit beansprucht, ist das Beispiel in Zeitraffer aufgenommen.

Es soll ein interessantes Didgeridoo für kontemporäre Spieltechnik mit folgenden Einzelcharakteristiken gefunden werden:

 

1) Grundton D
2) 1. Overblow 100 cent (½ Ton) über der Oktave bei Dis
3) 2. Overblow auf der 3. Harmonischen des Grundtones bei A
4) 3. Overblow 300 cent (1 ½ Töne) über der 3. Harmonischen des Grundtones bei C
5) Die ersten 3. Overblows sollten für geübte Spieler comfortabel anspielbar sein.
6) Die 6. Harmonische A soll durch die 5. Eigenresonanz verstärkt werden
7) Die 9. Harmonische E soll durch die 8. Eigenresonanz verstärkt werden
8) Die 6. und 7. Eigenresonanz soll in einem symetrischen Muster zur 7. und 8. Harmonischen liegen und zu mehr Elastizität beim Spielen führen.

Gefüttert mit diesen Informationen läuft die gerichtete Evolution zu einer der möglichen gewünschten Instrumenten-Innenformen.

Die Sensitivitätsanalyse im „Didge-Creator“ zeigt die Reaktion der gewünschten Zielspektren auf Bauabweichungen.


Erweiterte Didge(R)Evolution Version:

 

Nach inzwischen 3 Jahren Erfahrung mit dem Einsatz der 2008 vorgestellten Didge(R)Evolution Tools zur Generierung beliebiger Wunschinstrumente mittels Directed Evolution steht jetzt (2011) eine noch leistungsfähigere Version zur Verfügung, die aus der Menge der möglichen Lösungskonfigurationen immer die "best spielbare" Variante findet.

 

Für die meisten der in den letzten Jahren in verschiedenen Projekten neu geschaffenen Instrumente reichte eine Didge(R)Evolution Version mit 40 Innenformparametern. Um für anspruchsvolle Anforderungen weitere Instrumentenverbesserungen zu erhalten, habe ich die Methode auf optional 80 Innenformparameter erweitert, mit einer zusätzlichen Funktion zur Findung der "best spielbaren Ergebnissvariante" ergänzt und das gesamte System auf Basis der bis jetzt vorliegenden experimentellen Daten neu kalibriert.

 

 

 

Zur Demonstration dieser Version zeigen wir das gleiche Beispiel wie bereits 2008. Da die Instrumenten-Evolution sehr viel Prozessorzeit beansprucht, ist das Beispiel wieder in Zeitraffer aufgenommen.



Didge(R)Evolution / Directed Evolution


Frank Geipel, September 2008

 

Many Didjeridu players from all over the world want to know whether it is possible to create an instrument after its individual desired conceptions. Since some years that is possible with our Computer-Aided-Didjeridu-Sound-Design-tools (CADSD), but required much experience and simulation time, since many interior forms had to be adjusted and varied by hand, to get the desired relevant impedance and sound spectra.


So far it was not possible to find the interior forms for desired spectra in a more efficient and automatically way. In order to reach this,

I started at the beginning of 2008 the project „Didge(R)Evolution“- the application and advancement of nature modelled evolution algorithms for the generation of desired forms from practically immense, infinite large variety of possible forms.

 
The current project highlight is a simulation system, which is able to generate desired instruments on basis of an advanced high performance simulation model of the Didjeridu acoustics and using new Didjeridu specific directed-evolution-methods. It runs like a “living evolution system” in which special instruments with many specific parameters can quasi “breed”. The so created interior forms often looks similar the cross-sectional contours of good termite-carved instruments, with the difference, that the method is able to generate also forms which do probability not occur in nature.

 

 

Simplified description of the CADSD based Didge(R)Evolution software

Since only few Didjeridu building interesting people have experiences with mathematical modelling, programming and physical theories, here a simplified description of the Didge(R)Evolution software:

Before the program can take up its work, a goal of a sound- and an impedance spectrum exact as possible must be defined. That can be momentary up to 20 different characteristics.


Imagine you then, we create (program) virtual termite swarms, whose single termites have individual abilities to form Didjeridus with special characteristics. In the next step the size and number of this virtual termite swarms have to be fixed - in our animated example is it only 1 swarm with 512 termites.


With the start of the program each individual termite takes up its work and eats (first times completely randomized) its own Didjeridu within the spatial delimitation of the virtual blank tree. After some seconds the first 512 instruments are finished.


Now each individual instrument is tested how well it fulfils the given goal characteristics. The termites, which were most successful, may reproduce and pass their genetic information on to a new termite generation. The others become extinct. Additionally, similarly as in nature, coincidental mutations are produced, which change the individual characteristics of individual termites. Thus the first generation is terminated.


In the second generation the descendants as well as its relatively successful parents and mutated brothers and sisters eats out again 512 Didjeridus from virtual blank trees again randomized however with improved individual characteristics to reach the goals. Afterwards again all instruments are tested. The successful termites of the swarm may reproduce again, while the remainder becomes extinct.


This evolutionary cycle is repeated until a virtual Didjeridu was produced with all defined goals in the best possible way fulfilled and no evolutionary progress is reached - in the example visibly as the red line. Usually after 150 to 400 generations this is the case.


In order to produce outstanding and special instruments with this directed evolution method, the know-how of the “Didjeridu breeder” to formulate the goals is very important. Extensive knowledge about the interactions of most diverse intrinsic resonance pattern with different play techniques on the effects of the sound spectra are of crucial importance, but also extensive building and playing experiences. The results depend on the quality of the defined goals.

 

 

Video of a CADSD Didge-Evolution

To demonstrate our approach we point the following example of a „Didge-Evolution“ with a following investigation in our “Didge-Creator“. Hence the instrument evolution process needs very much processor time, the example is taken up in quick-motion mode.

An interesting Didjeridu for contemporary playing technique with the following single characteristics is to be found:

 

1) Fundamental note D
2) 1. overblow 100 cent (½ note) over the octave (note Dis)
3) 2. overblow on the 3rd harmonic of the fundamental (note A)
4) 3. overblow 300 cent (1 ½ notes) over the 3rd harmonic of the fundamental (note C)
5) The playability of the fundamental and first 3 overblows (intrinsic resonances) should be comfortable for experienced players.
6) The 6th harmonic (note A) is to emphasized by the 5th intrinsic resonance.
7) The 9th harmonic (note E) is to emphasized by the 8th intrinsic resonance.
8) The 6th and 7th intrinsic resonances are located in a symmetric pattern to the 7th and 8th harmonics of the

Fed with this information the “Didge-Evolution” runs to one of the possible desired interior forms.

The analysis of sensitivity with our „Didge-Creator“ shows the reaction of the desired impedance- and sound-spectra to possible construction differ.


Extended Didge(R)Evolution Version:

 

After 3 years experience with the use of 2008 featured Didge(R)Evolution tools to generate any desired instruments by application of directed evolution now (2011) is a more powerful version avaiable. A version that is able to select always the "best playable" solution variant.

 

For most of the instruments created in recent years in various projects, a Didge(R)Evolution version with 40 inner form parameters was sufficient. To get further improvements in instrument for demanding requirements, I have extended the method to optionally 80 inner form parameters, supplemented with an additional function to find the "best of playable form variant", and a newly calibration on the basis of the experimental data available so far.

 

 

To demonstrate of this version, we will show the same example as in 2008. Hence the evolution of instruments using much processor time, the sample is recorded again in time lapse.