News/Archiv

2018



3D-Druckexperimente zur Untersuchung von selektiv verstärkten Obertönen

Frank Geipel, Kay Reimer, Jörg A. / 03.10.2018

Obwohl wir in der überwiegenden Anzahl der nach unseren Simulationsmodellen designten und gebauten Instrumente die vorbestimmten projektierten Klang- und Spieleigenschaften bestätigen konnten, kommt es bei einem geringen Teil der Experimente zu unerwarteten Abweichungen in der Verteilung der Schallenergie auf die Obertöne.

In vielen Fällen konnten wir als Ursache dafür Abweichungen beim manuellen Bau der Instrumente und / oder der Nichtberücksichtigung der umgebenden Raumeinflüsse auf die Klangeigenschaften während der akustischen Analyse identifizieren.

Natürlich wissen wir, dass die von uns entwickelten Simulationsmodelle die realen Zusammenhänge nur hinreichend genau beschreiben, aber trotzdem als effiziente Unterstützung für den Bau von Wunschinstrumenten dienen.

 

In wenigen Fällen war auch die Ursache in den bewusst vernachlässigten Wechselwirkungen der schwingenden Luftsäule mit den Eigenresonanzen des Instrumentenkörpers zu erklären. Dieser Nachweis gelingt meist, wenn man die Eigenschwingungen des Materials beim Spielen des Instrumentes unterdrückt. Z.B. durch Einbetten des Instrumentes in Sand bzw. zwischen Sandsäcken. Bei derartigen Experimenten wird allerdings meist der zu vernachlässigende Einfluss des Baumaterials bestätigt.

Zur Gewinnung weiterer Erkenntnisse haben wir 4 Experimente mit dem gleichen Baumaterial durchgeführt.

Durch den verwendeten 3D-Druck können auch manuelle Bauabweichungen ausgeschlossen werden.

 

In Anlehnung an das Narwal-Zahn-Didge wurden folgende 4 alternative Instrumente mit Grundton E designt, die alle durch das Zusammentreffen des 4.Impedanzpeaks mit dem 5.Oberton bzw. 6.Harmonischen diesen deutlich verstärken sollten.

 

Die Länge der Instrumente wurde so gewählt, dass das theoretische Maximum der Schallauslenkung der 6.Harmonischen am Bellend liegen sollte.

Bei Instrument 4 wurde zusätzlich die 3.Harmonische durch erhöhten 2.Impedanzpeak unterstützt. Mit dem Ziel, dass die 3.Harmonische die Wahrnehmung der eine Oktave höher liegenden 6.Harmonischen unterstützt.


Instrument 1 (Sing-00)

Höhe des 4.Impedanzpeaks mittel

 

Instrument 2 (Sing-01)

Höhe des 4.Impedanzpeaks höher

 

Instrument 3 (Sing-02)

Höhe des 4.Impedanzpeaks geringer

 

Instrument 4 (Sing-03)

Höhe des 4.Impedanzpeaks höher + unterstützende 3.Harmonische



Nach dem 3D-Druck mit dem gleichen Material hat Kay diese 4 Instrumente unter möglichst gleichen Bedingungen gespielt und akustisch über eine FFT-Software analysiert.
Dabei wurde jeweils der untere Teil des FFT-Spektrums mittels Anschlagen des Mundstückes mit der geschlossenen Hand erzeugt. Dieser entspricht dem Anklingen des Eigenresonanzspektrums der Luftsäule, das durch das untere schwarze Impedanzspektrum verursacht wird. Beim Anschlagen ist wichtig, dass die Handfläche das Mundstück während des Ausklingens verschlossen hält.
Der obere Teil des FFT-Spektrums entsteht durch Anspielen des Instrumentes mit einem sauberen Grundton und entspricht dem roten Grundtonspektrum in der unteren Simulation.


Instrument 1 (Sing-00)

FFT Analyse

Instrument 2 (Sing-01)

FFT Analyse

Instrument 3 (Sing-02)

FFT Analyse

Instrument 4 (Sing-03)

FFT Analyse



Die Ergebnisse der FFT-Analysen deuten darauf hin, dass zur Unterstützung eines Obertons nicht die Höhe, sondern das Zusammentreffen eines Impedanzpeaks mit dem zu verstärkenden Oberton wichtig ist. Kurioserweise zeigen die Experimente sogar bei kleineren Impedanzpeaks deutlich lauter wahrnehmbare selektive Obertöne. Dieses Ergebnis bestätigt auch die von uns oft beobachtete bessere Wahrnehmbarkeit von z.B. Obertonwobble-Effekten bei relativ kleinen Impedanzpeaks. Lediglich für das Anspielverhalten von Overblows bzw. Toots, die auf den Frequenzen der Impedanzpeaks liegen, ist deren Höhe wichtig.

Beim Spielen von Instrument 4 hat Kay die "singenden" Obertöne tatsächlich deutlicher wahrgenommen, als es aufgrund der Simulation und FFT-Analyse zu erwarten wäre.


Im Rahmen der hier gezeigten Untersuchungen traf ich Jörg. Er ist ein erfahrener Elektrotechniker, der gerne rechnet und programmiert.

 

Da prinzipiell die mathematisch physikalischen Zusammenhänge von elektrischen auf akustische Wellen übertragbar sind, hat er sich relativ schnell in die Materie eingearbeitet und es entstand ein angeregter wissenschaftlicher Dialog, der uns momentan inspiriert noch tiefer in diese Thematik einzusteigen.


In der Graphik die von Jörg berechnete Überlagerung der Impedanzspektren der 4 Instrumente.

Momentan arbeitet Jörg an der Simulation der lokalen Druckverteilung der Harmonischen im Instrument beim Spielen des Grundtones. In den folgenden Graphiken ist diese mit dem momentanen Stand seiner Software berechnet.


Instrument 1 (Sing-00)

lokaler Impedanzverlauf

Instrument 2 (Sing-01)

lokaler Impedanzverlauf

Instrument 3 (Sing-02)

lokaler Impedanzverlauf

Instrument 4 (Sing-03)

lokaler Impedanzverlauf



Instrument 1:

Hier kann man erkennen, dass der Schalldruck der 6.Harmonischen, der am Mundstück proportional zur Höhe des 4.Eingangs-Impedanzpeaks ist, von ca. 180 Pa auf ca. 110 Pa (letztes Druckmaximum vor dem Bellend) sinkt und dadurch auch zu einem geringeren Wert der Schallauslenkung am Bellend führt.

 

Instrument 2:
Hier sinkt sogar der Schalldruck der 6.Harmonischen am Mundstück von ca. 200 Pa auf nur ca. 70 Pa. Das erklärt auch die Verringerung der Intensität der 6.Harmonischen in der FFT-Analyse.

 

Instrument 3:
Vor allem bei diesem Instrument kann man erkennen, dass der relativ geringe Schalldruck der 6.Harmonischen am Mundstück von ca. 150 Pa kurz vor dem Bellend des Instrumentes auf einen relativ hohen Wert von ca. 160 Pa ansteigt, der dann am Bellend zu einem Maximum der lokalen Schallauslenkung führt (noch nicht dargestellt).

 

Mit diesen Simulationen erklärt sich auch die Zunahme der Intensität der 6.Harmonischen trotz Sinken des darunter liegenden 4.Impedanzpeaks (Eingangsimpedanzpeaks).

 

Beispiel für Erklärung Instrument 3


Instrument 4:
Der Vergleich des relativ hohen Schalldruckes der 3.Harmonischen (von 430 Pa am Mundstück zu nur ca. 300 Pa vor dem Bellend) mit dem deutlich geringeren der 6.Harmonischen (von 210 Pa am Mundstück zu ca. 80 Pa vor dem Bellend)  könnte zu der Annahme führen, dass hier Schallenergie von der 3.Harmonischen auf die eine Oktave höhere 6.Harmonische übertragen und über das Bellend abgestrahlt wird. So wäre zumindest die in der FFT-Analyse deutlich lauter messbare 6.Harmonische zu erklären. Wer kann hier eine plausiblere Erklärung liefern?

 

Trotz der scheinbaren Einfachheit des Didgeridoos zeigen diese Experimente, dass es nach wie vor interessant bleibt an dieser Thematik weiter zu forschen und vor allem weiter Instrumente zu bauen und Neues zu entdecken.


Akustische Fusion - Harmonic Wobbel Mago / 20.01.2018

Fasziniert von dem kleinen Instrument mit großem Potential (News 2016) und des Harmonic Wobbel Effektes kam der Wunsch auf, eine Form für ein Mago-Typ-Instrument zu finden, das auch eine deutliche wahrnehmbare Obertonwobbelfähigkeit und der damit verbundenen Spiel-Elastizität aufweist.

 

Auf Basis der Erfahrungen mit akustischen Fusionen setzte ich die Directed Evolution Tools auf dieses Ziel an. Aus der gefundenen Menge spielbarer alternativer Formen entschied ich mich auf Basis meiner Spielerfahrungen für die nach meinen Vorlieben beste spielbare Form und transformierte diese auf den Grundton E.

 

Für dieses Instrument benötigte ich einen Holzrohling von mindestens 131 cm Länge. Zufälligerweise hatte ich noch das obere Stück des Robinienstammes aus dem ich 2107 mein persönliches Instrument (Barugula Yunupingu) ein obertonwobbelfähiges Yidaki-Typ-Oktavinstrument baute (News 2017) … und das sollte reichen. Als Baumethode kam wieder die Sandwichmethode zum Einsatz.

 

Im Ergebnis entstand ein Mago-Typ-Instrument, das durch die richtige Lage der Eigenresonanzen die typischen Mischfrequenzen aus Grundton und Stimme verstärkt und zusätzlich zwischen der 6. und 7. harmonischen Schwingung des Grundtones (5. und 6. Oberton) deutlich hörbar Oberton-wobbelfähig ist.


 

 

 

Und hier ein Spiel Test von Ansgar beim Australien Wochenende in Eisenbach (Schwarzwald) 2018

 


 

 

Ich habe diese Form Ansgar zum Bau eines

GFK-Instrumentes zur Verfügung gestellt.

 

Hier ein Beispiel dieses GFK-Instrumentes spontan gespielt nach einem Workshop in Italien von Andrea Ferroni

2022



Acoustic Fusion - Harmonic Wobble Mago / 20.01.2018

Fascinated by the small instrument with great potential (News 2016) and the Harmonic Wobble effect, the desire arose to find a form for a Mago-type instrument, which also has a clear perceptible harmonic wobble effect and the associated elasticity.

 

Based on the experience with acoustic fusions, I set the Directed Evolution tools to this goal. From the found amount of playable alternative forms I decided based on my playing experiences for the best playable form according to my preferences and transformed these to the fundamental tone E.

 

For this instrument I needed a wooden blank of at least 131 cm in length. Coincidentally, I still had the top piece of the Robinia tree trunk from which I built my personal instrument (Barugula Yunupingu) in 2107, a Yidaki-type octave instrument with harmonic wobble effects (News 2017) ... and that should be enough. As a construction method, the sandwich method was used again.

 

The result is a Mago-type instrument, which amplifies the typical heterodyne frequencies of fundamental tone and voice through the correct position of the intrinsic resonances and in addition has a stimulable, clearly perceptible harmonic wobble pattern between the 6th and 7th harmonic of the fundamental tone (5th and 6th overtones).


 

 

 

And here a playing test of Ansgar during the Australien weekend in Eisenbach (Black Forest Germany)

 


 

 

I provided this form to Ansgar to build a GFK instrument.

Here is an example of this GRP instrument played spontaneously by Andrea Ferroni after a workshop in Italy.

2022